BadElsBIsMahnwegAbschlussgedenkenPfarrerRichter21042007

Wort zum Abschluss des "Mahnwegs für das Leben" vom Freiburger Münster zum Atomkraftwerk Fessenheim/Frankreich am 21. April 2007

Unser "Mahnweg für das Leben" führte uns zwei Tage mit ca. 30 km zum Atomkraftwerk Fessenheim. Über den Rheinkanal hinweg blicken wir auf dessen graue Mauern. Seit Jahren und Jahrzehnten bemühen sich Menschen und Institutionen – wie die Badisch-Elsässischen Bürgerinitiativen – dass dieses Werk stillgelegt werde. Immer wieder sind es die gemeldeten Störfälle, die diese Bemühungen nicht ruhen lassen. Das Atomkraftwerk Wyhl konnte unter großen Anstrengungen besorgter Bürgerinnen und Bürger verhindert werden. Im Blick auf das Werk in Fessenheim gelang das leider nicht. Es produziert seit über drei Jahrzehnten die gefährlichste Energie, die die Welt kennt. Jeder Tag dieser Produktion ist ein Tag bewahrender Gnade! Doch erinnern wir uns an Harrisburg, die Erfahrung mit dem Windscale-Reaktor, zuletzt an den Beinahe-Gau in Forsmark (Schweden) und vor allem an die grausame Explosion in Tschernobyl. Wer sagt uns, dass solches nicht auch jetzt oder morgen oder in zwei Monaten in Fessenheim passieren könnte? Und dann ist da die ungelöste und ungelöst bleibende Frage der Entsorgung abgebrannter Uran-Brennelemente. Verzweifelt suchen die Länder und Betreiber von Atomkraftwerken geeignete Ablagerungsorte. Gefunden wurden bisher nur ungeeignete! Die Menschheit bleibt stets auf diesen gefährlichsten aller Rückstände sitzen. Sie belasten unsere Erde – Gottes Schöpfung – bis an deren Ende über alle Generationen hinweg. Verantwortungslos verhalten wir uns so unseren Kindern und allen Nachkommen gegenüber!

Wir Deutsche stehen in dieser Stunde auf französischem Territorium. Wir haben kein Recht – im Sinne dieses Wortes – der französischen Regierung und der französischen Atomwirtschaft Forderungen zu stellen. Das haben wir auf anderen Gebieten allzu oft getan. Wir erinnern uns an die Jahrhunderte unfriedfertiger, trostloser Feindschaft. Denken wir nur an die unzähligen Toten nicht weit von hier am Hartmannsweiler- und dem Lingenkopf.

Nein, wir stehen hier nicht als Auftrumpfende und Fordernde!

 

Aber wir sind mit vielen unserer französischen Freunde in großer Sorge, ja in großer Angst, dass eines Tages etwas passieren könnte, was Fessenheim und unsere beiden Länder für Jahrzehnte und Jahrhunderte unbewohnbar machen könnte: Eine ehemals blühende Landschaft, eine gesegnete Schöpfung von fahler Sonne beleuchtet auf graue Gräser und grausige Fensterhöhlen verlassener Häuser und Wohnungen. Keine Menschen mehr in den Vogesen, keine Tiere mehr im Schwarzwald, keine Freundschaft mehr zwischen Franzosen und Deutsche. Alles öde und leer wie vor der Erschaffung des schönen blauen Planeten Erde.

Und darum, liebe Fessenheimer, darum, liebe französische Nachbarn: Hört auf unsere Worte, die aus unseren Herzen kommen. Spürt den Gedanken unserer Ängste nach! Merkt, dass wir die Sprecher nicht nur für uns, sondern auch für unsere Nachkommen auf beiden Seiten des Rheinstromes sein wollen. Hört uns, die wir miteinander Gottes gute Schöpfung bedroht sehen, all das Wunderbare und Schöne, das uns hier angesichts des Atomkraftwerks doch auch umgibt. Geratet nicht in Zorn oder gar Hass, wenn wir in Sorge und Angst darum bitten, dieses Werk doch endlich stillzulegen und dafür aufbauend Sorge zu tragen für eine nachhaltig frohe, angstfreie Zukunft mit erneuerbarer Energiegewinnung.

Herzlich danken wir, wenn unsere Gedanken und Worte Euch auf der Grundlage gewachsener Freundschaft und des Friedens erreichen!

 

Pfarrer i.R. Günter Richter

(Freiburg im Breisgau)